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Barbara
Barbara (Englisch)Dr. Alexander Freund
00:00 / 1:14:03

Unbearbeitete Aufnahme des Interviews (auf Englisch)

Information

Interviewte: Barbara B.

Interviewer: Dr. Alexander Freund

Datum der Sitzung: 22. September 1993

Ort des Interviews: Richmond, B.C.

Sprache: Englisch

Informationen zum Urheberrecht: Oral History Centre (UWinnipeg)

Das untere bearbeitete Transkript ist eine Übersetzung aus dem englischen Original.

Teil 1: Die Gründe für das Auswandern und die ersten Schritte in Kanada
Teil 1: Die Gründe für das Auswandern und die ersten Schritte in Kanada
1.1 Das Leben in Europa und die Migrationsentscheidung
1.1 Das Leben in Europa und die Migrationsentscheidung

[00:00:26]

Barbara: Ich bin nach Kanada gekommen, weil mir die kanadische Regierung das Auswandern ermöglichte. Der Grund war, dass ich meine eigene Töpferei haben wollte und ich wusste, dass ich in Deutschland das Geld für die Utensilien und die Mittel um unabhängig töpfern zu können in meiner Situation als Flüchtling niemals haben würde. Und deshalb bin ich hierhergekommen.

Ein anderer Grund war, dass ich dieses Land für meine Familie auskundschaften wollte, sie wollten wissen, wie es hier wäre.

Und ich bin eigentlich mit der Absicht gekommen, für zwei Jahre nach Westkanada zu gehen um die englische Sprache zu lernen, und dann dachte ich, ich könnte nach Ostkanada gehen, nach Quebec, und dort Französisch lernen. Weil ich auch dachte: „Wenn ich nicht bleibe, wenn ich meine Töpferei nicht bekomme, könnte ich in den Journalismus gehen und die Sprachen würden nützlich sein.“ Das war Teil meiner - das stand auch auf der Tagesordnung. Aber es hat nicht funktioniert. Da ich als ich hierherkam bereits Schulden an die Regierung hatte, hatte ich das Gefühl, finanziell bereits benachteiligt zu sein. Ich hatte Schulden, weil ich meinen Fahrpreis nach Kanada an die Regierung zurückzahlen musste und mein Einkommen war sehr, sehr niedrig, und ich machte all diese unterbezahlten Jobs, aber das war egal, es ging nur äh - - es ging nur darum, nach Kanada zu kommen und dort zu sein, und ich hatte nicht das Gefühl, jemals zurück nach Hause gehen zu wollen. Auf diesen Beschluss kam ich schon sehr früh. Sobald ich Vancouver verließ und in einen kleinen Ort kam, gefiel mir Kanada so viel besser, und so kam es mir nie in den Sinn, dass ich je zurück nach Deutschland gehen würde.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.1.1.a

[00:03:17]

Alexander: Wie war es für Sie, Ihr Zuhause und Ihre Familie zu verlassen?

Barbara: Okay: Das war eine sehr interessante Sache, weil ich das Gefühl hatte, wenn man einmal entwurzelt ist – und ich wurde entwurzelt, weil wir 1946 massenhaft aus Schlesien in die DDR evakuiert wurden, und von da an hatte ich keine Heimat mehr und ich habe keine Wurzeln mehr geschlagen und als ich dann mit meinen jüngsten Geschwistern zu meinen älteren Geschwistern nach Westdeutschland ging, bin ich dort wieder in die Ausbildung gegangen, fertig, aber ich habe mich immer als vergänglicher Mensch gefühlt und so dachte ich: „Welche Rolle spielt es in dieser Phase meines Lebens, was spielt es für eine Rolle, wo ich Wurzeln schlage? Kanada ist genauso gut wie Deutschland, weil der Teil Deutschlands, in dem ich war, auch nicht meine Heimat war, also was ist der Unterschied?“ Geographisch sehe ich keinen Unterschied. Es geht nur darum, ein Zuhause zu schaffen.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.1.1.b

[00:04:30]

Barbara: Meine Mutter war damals schon gestorben und mein Vater war natürlich nicht sehr glücklich. Aber mein Vater lebte in Ostdeutschland und ich lebte in Westdeutschland. Als wir 1946 in die DDR evakuiert wurden, bekam mein Vater eine Stelle als Lehrer und meine Mutter starb im selben Jahr, und er dachte immer: „Ich bleibe hier, ich gehe nie weg, denn ich will hier sein wenn Deutschland vereinigt wird und ich nach Hause kann.“ Er wollte heim nach Schlesien. In der Zwischenzeit gab es nichts zu essen, meine Mutter starb und ich war die Älteste von uns fünf [die noch zuhause lebten], und es gab einfach keine Möglichkeit für uns zu überleben, also halfen uns meine ältesten Schwestern mit einem falschen Dokument, einer Genehmigung, sie haben jemanden gebuttert oben, einen amerikanischen Offizier [lacht] und sie haben uns dabei geholfen, über die Grenze nach Westdeutschland zu kommen. Also, gingen wir fünf Kinder, wissen Sie, wir reisten und kamen durch all diese Flüchtlingslager und so, und wir kamen an und verteilten uns zu den Familien meiner zwei Schwestern, meine Schwestern lebten hier auch als Flüchtlinge, und so blieben wir dort längere Zeit. Und dann bin ich ins Training gegangen und dann meine, -- meine jüngsten Geschwister mussten irgendwann zurück, weil mein Vater die Verantwortung für sie übernehmen musste und die Lage allmählich besser wurde, sie hatten mehr Essen.

[...]

Barbara: Ja, okay, in Ordnung. Also, da sind wir, wir waren Flüchtlinge, wir waren einfach ziemlich versetzt und verstreut und hatten keinen Kontakt zu Schulfreunden oder Verwandten oder so und ähm, also habe ich entschieden: überall ist in Ordnung.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.1.1.c

[00:07:28]

Alexander: Hatten Sie jemals Bedenken darüber Deutschland zu verlassen oder nach Kanada zu gehen?

Barbara: Nein. Gar keine. Aus irgendeinem Grund, und ich weiß nicht warum, aber es war eigentlich ein befreiendes Gefühl.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.1.1.d

1.2 Die Reise mit Schiff und Zug
1.2 Die Reise mit Schiff und Zug

[00:07:39]

Alexander: Wie hat es sich angefühlt, auf diesem Boot unterwegs nach Kanada zu sein? Vielleicht können Sie beschreiben, wie die Reise war und wie die Leute auf dem Boot waren?

Barbara: Oh, nun, ich habe einen sehr interessanten Mann getroffen, der sich sehr um mich gekümmert hat, weil ich die meisten Tage krank in meinem Bett lag [lacht]. Die Leute, die ich an Bord des Schiffes getroffen habe – ich habe keine Freunde gefunden. Auch im Zug fand ich keine Freunde. Der Zug war mit uns allen vom Boot ausgefüllt, und es waren hauptsächlich junge Männer, die dazu bestimmt waren, für die Holzindustrie nach Vancouver Island zu gehen. Und es gab drei oder vier Ehepaare, die einwanderten, und ich war ziemlich isoliert, weil ich wirklich nicht daran dachte, mit irgendjemandem in Kontakt zu treten. Ich habe mich nicht gut angeschlossen. Aber ich weiß nicht, vielleicht lag das daran, dass ich ein bisschen Heimweh hatte. Ich habe quer durch Kanada Tagebuch geschrieben, das habe ich getan, weil es mir Gesellschaft leistete; Ich habe gelernt, dass das eine wunderbare Sache ist.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.1.2.a

1.3 Die ersten Schritte in Kanada
1.3 Die ersten Schritte in Kanada

[00:09:48]

Alexander: Erinnern Sie sich an Ihren ersten Tag in Vancouver?

[...]

Barbara: Ja, das war ein trister Nieselregentag. Es hat drei Wochen gedauert, bis ich wusste, dass es hier Berge gibt. Es war ein typischer Dezembertag in Vancouver. Aber es war nicht traurig, es war okay, denn da war dieser Mann von der Einwanderungsbehörde und er sagte: „Okay, wer bist du, wer bist du?“ Und er sagte: „Okay, all diese jungen Männer gehören in diese Gruppe, und Ehepaare in die andere“, und er sagte: „Und wohin gehören Sie!?“ [lacht] und er wusste nicht, was er mit mir machen sollte! Also beschloss er schließlich, mich zu den Ehepaaren einzuteilen. Und die jungen Männer gingen alle in ein Gebäude – was jetzt nicht mehr steht - voller Schlafsälen in der Nähe der Einwanderungsbehörde unten am Burrard Inlet. Aber dort quartieren sie sich alle ein, in kleinen Käfigen, in kleinen Räumen oder was auch immer; sie waren dort nicht sehr glücklich. Aber ich war… uns ging es gut. Wir waren zwei Ehepaare und ein alleinstehendes Mädchen. Und das war in Ordnung.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.1.3.a

Teil 2: Das Leben nach dem Zweiten Weltkrieg
Teil 2: Das Leben nach dem Zweiten Weltkrieg als eine Deutsche Frau in Kanada
2.1 Wie war es als Deutsche in Kanada?
2.1 Wie war es als Deutsche in Kanada?

[00:11:03]

Barbara: [Ich lebte in] einem dieser typischen Häuser in Ost Vancouver. Sehr schön, sehr freundlich, sehr komfortabel, ein sehr schönes Haus. [...] Aber ich war ein unerwarteter Gast, und so kam ich in eine alte Küche, eine kleine Abstellkammer. Und das war düster. Das war düster. [...].

Und dann kam Weihnachten und dann fühlte ich mich wirklich düster. Das hatte ich vergessen, das stimmt. Weihnachten kam und ich war entsetzt darüber, wie Weihnachten hier gefeiert wurde. Weil sie all diese knallbunten Glühbirnen [lacht] und diese Weihnachtsmann-Dinge aus Plastik hatten. Und Sie kennen ja deutsche Weihnachten – es ist so anders. Das war also etwas schwierig. Und hier saß ich in dieser Küche mit einer kleinen schlichten Glühbirne; es war bläulich, es war alles sehr kalt und nackt und schlicht. Und sie lagerten dort einen Ofen und solche Sachen und ich hatte ein Bett darin und-- das war düster. Also ging ich-- wir gingen spazieren ich entdeckte die Gegend. Für sehr wenig Geld gab es diese großen Tüten mit Keksen. Heutzutage betrachtet man diese Schokolade mit Vanillecreme und Vanillekekse mit Schokoladencreme drin nur, aber damals kaute und aß ich sie und fühlte mich gut [lacht]. Mein erstes Weihnachten hier war sehr seltsam.

Aber es war okay, es war alles Teil der Erfahrung.

Alexander: Mit wem haben Sie Weihnachten verbracht?

Barbara: Eigentlich mit niemandem, denn Heiligabend , das war uns allen immer unheimlich wichtig, und-- Aber was passierte, war, dass in diesem Haus die Wirtin einen Sohn oder Neffen hatte, ein junger Mann, und er ging am vierundzwanzigsten Dezember, am Heiligabend aus und sagte: "Ich gehe zu meinen Freunden, möchtest du mitkommen?" Und ich sagte: "Okay." Ich dachte, dass ich vor Heiligabend zurück sein würde. Denn ich schöne Dinge gebastelt, Ausschnitte für die beiden Paare. Ich hatte zu Weihnachten - ich wollte ihnen Scherenschnitte schenken, kleine Reispapierstücke hinter denen man eine Kerze stellt, schöne Dinger; es war sehr hübsch geworden – und ich hatte vor, diesen Abend mit ihnen zu verbringen. Und so nahm mich dieser junge Mann in sein Auto und wir gingen zu seinen Freunden und Verwandten und sie hatten einen urkomischen Spaß. Aber nichts wie der Weihnachtsabend, den ich im Sinn hatte. Aber er ging nicht nach Hause, er ging einfach nicht nach Hause. Und ich war so gespannt darauf, zu diesen beiden Paaren nach Hause zu kommen, um Heiligabend zu feiern, und er ging nicht nach Hause. Und ich war auf ihn angewiesen – ich wusste nicht, wo ich war, ich hatte kein Transportmittel. Also kam ich gegen zehn oder elf Uhr abends nach Hause. Und als wir nach Hause kamen, war das wirklich ziemlich traurig, denn als wir nach Hause kamen, waren diese beiden Paare zu Bett gegangen. Und so schlich ich mich in ihr Zimmer und sie schliefen, die Zimmer waren offen, ich schlich mich hinein, legte mein kleines Geschenk auf ihr Ding und schlich mich wieder hinaus. Und am nächsten Morgen war Weihnachten und sie sprachen nicht mit mir, sie waren böse auf mich. Und das war Weihnachten. Sie waren sauer, schätze ich, dass ich nicht zurückgekommen war. Ich schätze, sie hatten die gleiche Idee, dass wir unseren Weihnachtsabend zusammen verbringen sollten, das war der Plan gewesen, glaube ich, wenn ich mich recht erinnere.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.1.a

[00:20:34]

Barbara: Und so ging es weiter, aber ich konnte kein Englisch, ich konnte kaum Englisch-- ich konnte nur ein paar Sätze sprechen. Um Englisch zu lernen, ging ich zur Abendschule. Ich habe die Gepflogenheiten in Kanada beobachtet. Es war interessant. Und am Freitagabend, beobachtete ich regelmäßig, gingen sie alle aus und gingen zu einer Party oder was auch immer, oder sie feierten eine Party im Haus. Samstag und Sonntag blieben sie zu Hause. Sonntags konnte ich manchmal mit den Paaren im Stanley Park spazieren gehen. Und am Donnerstag hatte ich frei. Und ich aß in der Küche und ich musste – das war nervenaufreibend, denn da war ein kleiner Tisch, ich aß da, und da oben war eine kleine Glocke. Und wenn sie ihr Abendessen hatten, dann läutete es, als ich meins hatte, und ich musste aufspringen und zu ihnen gehen, und ich fühlte mich sehr unwohl, weil ich mich für den Job nicht sehr gut ausgebildet fühlte. Sie waren sehr förmlich. Ich fühlte mich als ob ich Holzbeine hatte und auch fünf Hände nicht genügen würden – ich fühlte mich so ungeschickt und wusste nicht, welcher Seite ich dienen sollte. Also habe ich mich durchgemogelt und ich glaube nicht, dass sie mich dafür sehr mochten. Aber es war auch für sie nicht einfach und es war für mich nicht einfach. Und so habe ich zwei Monate durchgehalten, und dann ging dieses deutsche Paar, diese Köchin und Kellnerin, nach Squamish, und da sagten sie: „Komm, wir haben einen Job für dich.“

[…]

Alexander: Wie hat es sich für Sie angefühlt, während Ihrer Ausbildung zum Töpfer in einer Fabrik oder als Haushaltshilfe arbeiten zu müssen?

[…]

Barbara: Überhaupt nicht schlecht, das war in Ordnung, denn ich war wieder so konzentriert und so beschäftigt mit dem, was ich tat, dass ich das Töpfern überhaupt nicht vermisst habe, weil ich wusste, ich WUSSTE – eines Tages würde ich es schaffen. Und in der Zwischenzeit war meine Einstellung so: Eines Tages würde ich meine eigene Töpferei haben, also war ich bereit alles zu tun, was von mir verlangt wurde und was für mich notwendig war. Ich betrachtete eigentlich alles, was ich tat, als Mittel zum Zweck, um an mein Ziel zu gelangen.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.1.b

[00:42:00]

Barbara: Als ich von Squamish nach Vancouver kam, teilte ich mir die Unterkunft mit dieser einen Freundin. Ich traf – so entwickelte sich meine Liebesbeziehung zu den Niederländern. Denn ich kam aus Squamish zurück, kam zurück zu David Lamberts Töpferei und da war diese Holländerin, Trude, und sie war so fabelhaft wunderbar, so hilfsbereit, so anders. Wir sind heute noch befreundet. Und durch sie habe ich Jack kennengelernt, weil ich dachte: „Wenn die Niederländer so sind, mag ich die Niederländer.“ So kam ich durch sie in einen ganzen holländischen Kreis von Leuten und hatte nie eine Verbindung zu Deutschen. Ich glaube, ich war wegen der Leute, mit denen ich durch Kanada kam, irgendwie von der deutschen Kameradschaft abgeschreckt. Ich mochte niemanden und ich hatte mit niemandem eine Beziehung.

[...]

Eigentlich bin ich hierhergekommen, um vom Deutschtum wegzukommen. [...] Nun, ich bin eigentlich hierhergekommen, um in gewisser Weise von den Menschen wegzukommen, denn mein Traum war es, völlig unabhängig zu sein und allein zu leben und meine Töpferei zu haben und meinen Lebensunterhalt zu verdienen und keine Verbindung zu Menschen zu haben, weil die Menschen—man könnte sagen es war bisher schwierig mit den Menschen gewesen? Ich weiß nicht. Aber-- Eines der typischen Dinge, wissen Sie, man denkt: "Oh, ich fühle mich so verletzt, ich kann es nicht mehr ertragen." Nur vielleicht war diese Einstellung selbst-- ich weiß es nicht. Aber trotzdem hatte ich keine Lust, mit jemandem zusammen zu sein. Und als ich nach Squamish kam, entdeckte ich, dass das nicht nötig war. Andere Leute sind nett. Wissen Sie, ich bin vor Leuten weggelaufen, weil …

Alexander: In Deutschland? 

Barbara: Ja, sie haben mir die ganze Zeit gesagt, was ich tun soll. Meine Familie. [...] Aber mein Vater war in Ostdeutschland, ich meine, wir waren nur bei meinen Geschwistern und alle hatten eine schwere Zeit nach dem Krieg. Es war eine sehr trostlose Zeit. Da war ich froh, sozusagen den Staub von den Füßen zu schütteln. Weit weg davon zu sein. Ich habe es niemals bereut.

[...]

Also, ich habe mich geändert und die Seiten gewechselt und damit meine ich, ich denke, mein Deutschtum … nachdem ich hierhergekommen bin habe ich versucht, eine Weile davon wegzukommen. Denn nur hier erfuhr ich, was während des Krieges tatsächlich außerhalb Deutschlands passiert war, denn zu dieser Zeit wusste ich nicht viel. Als ich also die Holländer traf, und ich lernte durch das Töpfern ein niederländisches Mädchen, und allgemein die Dänen und so viele verschiedene Nationalitäten kennen. Und ich wollte mehr über ihre Geschichten erfahren, ich war so interessiert an dem, was passiert war. Und ich erfuhr zum ersten Mal, was während des Krieges tatsächlich außerhalb Deutschlands passiert war. Und habe ich nach und nach aufgehört zu sagen, dass ich Deutsche bin. Und ich denke, das ist auch in Deutschland passiert. Es ist dasselbe. Also mich hat es auch hier getroffen. Niemand würde mir irgendetwas vorwerfen, aber es war einfach … Als ich von dem Mut und der Toleranz und der Tapferkeit der Niederländer während der deutschen Besatzung hörte, war ich einfach nur fassungslos. Die Mutter meiner Freundin aus der Töpferei, Trude, während ein deutscher Offizier sie oben im Haus besuchte, hatte sie eine jüdische Familie im Keller versteckt. Und Jack war ein Untergrundarbeiter im holländischen Untergrund [Widerstand] und seine Mutter versteckte jüdische Kinder, ein jüdisches Kind, und sie taten alle ihr Bestes, um zu helfen...

[...]

Ich fand es einfach so wunderbar – so – so anders, aus Deutschland zu sein. Und dann habe ich gemerkt, dass das gar nicht so besonders ist, das habe ich gemerkt, aber auch, weil so viele Deutsche bereits hier waren. Das lag glaube ich am Anfang eher daran, dass ich erst später etwas über die Geschichte und so erfahren habe. Aber es waren so viele Einwanderer hier. Vancouver – du triffst jemanden und er kommt entweder aus Polen oder aus Kroatien oder aus Dänemark oder Norwegen. Es ist keine große Sache. Es ist nichts Besonderes, aus Deutschland zu kommen, fand ich. Und so dachte ich: „Nun gut, wunderbar. Es ist nichts Besonderes, Deutsche zu sein, es ist einfach ganz normal.“ Ich schätze, ich hatte immer das Gefühl, es sei etwas ganz Besonderes, aus Deutschland zu kommen, diese wunderbaren... Die Kanadier sollten so begeistert sein, so eine außergewöhnliche, einzigartige deutsche Person zu treffen…so in der Art. Das war meine Einstellung.

Alexander: Haben Sie sich als Deutsche jemals unwohl oder unsicher gefühlt?

Barbara: Nein. Nein, ich war traurig. Ich hatte Mitleid mit den Menschen. Als ich diese Geschichten hörte, fühlte ich mich – nicht, nein, nicht, ich kann nicht sagen, unwohl, aber ich war traurig, darüber was die Menschen durch die Hand der Deutschen erlebt hatten, was sie durchmachen mussten. Aber schließlich, während sich die Geschichte entfaltet und wir beobachten, was vor sich geht in der Welt, frage ich mich: „Was unterscheidet die Situation mit Deutschland so sehr von den anderen schlimmen Dingen, die Menschen tun?“ Und wenn Sie Vietnam betrachten, können Sie denn überhaupt einen großen Unterschied feststellen? Es sind Menschen, nicht Nationen, die diese Dinge tun, es ist das menschliche Individuum, nicht die ganze Nation. Das habe ich also gelernt. Ich habe differenziert. Also fühlte ich mich nie unwohl oder schuldig, es tat mir eher leid und ich war traurig, dass so etwas passieren kann.

Alexander: Gab es jemals einen Angriff auf Sie, wie auch immer, weil Sie Deutsch sind?

Barbara: Nein, nein, niemals. Aber es gab eine interessante kleine Schwierigkeit, als Jack und ich uns trafen. Und Jack schrieb seinen Eltern, er habe diese Deutsche kennengelernt, und die Eltern hatten große Schwierigkeiten, das zu akzeptieren, weil die Eltern emotional unter den Deutschen gelitten hatten und sich nicht vorstellen konnten, dass einer ihrer Söhne auch nur davon träumen konnte, eine Deutsche zu lieben. Und so war es für Jacks Eltern eine große Sache das zu überwinden. Aber dann hatte ich Jack auf meiner Seite und es störte mich nicht. Und seine Eltern kamen hierher, um zwei Wochen bei uns zu leben, aber dann blieben sie neun Monate, also akzeptierten sie mich [lacht]. Da waren wir frisch verheiratet gewesen. Also, es gab kein Problem, ich hatte kein Problem damit.

Denn sehen Sie, wenn man sich gut in der eigenen Haut fühlt, da ist es egal ob man Deutsche oder Polin oder was auch immer ist. Ich hatte keine schädlichen Inhaltsstoffe in mir, wissen Sie, ich würde niemals jemandem schaden. Aber ich schätze, ein bisschen Schuld trägt wohl jeder Deutscher bis zu einem gewissen Grad mit sich herum. Aber das ist vorbei, das ist Geschichte.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.1.c

[01:04:21]

Alexander: Was war für Sie der größte Unterschied zwischen den Deutschen und ihrer Kultur und den Kanadiern und ihrer Kultur?

Barbara: Die Freundlichkeit, das Vertrauen und eine gewisse Unschuld. Ich fand die Menschen hier so offen und sehr hilfsbereit und sie waren spontan hilfsbereit in jeder Situation. Und ich fand sie viel entspannter. Und wenn ich nach Deutschland zurückkehrte, bemerkte ich bei ein paar Mal den finsteren Blick, den die Deutschen tragen, so ernst. Und hier sind die Menschen viel freundlicher und viel entspannter und das ist kein Wunder, denn die Lebensbedingungen hier sind nicht mit den deutschen Lebensbedingungen zu vergleichen. Also scheint es mir, dass Umstände und Ereignisse den Ausdruck der Menschen formen, zumindest einen Teil davon.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.1.d

2.2 Wie war es als eine Frau in Kanada?
2.2 Wie war es als eine Frau in Kanada?

[00:08:51]

Alexander: Waren Sie die einzige alleinstehende Frau auf der Reise [von Deutschland nach Kanada]? [...] Wie hat sich das angefühlt?

Barbara: Ja. Das war mir gar nicht so bewusst. Komisch, denn diese jungen Männer machten diese derben Witze zusammen mit diesen Ehepaaren, und ich glaube, deshalb habe mir den Anschluss nicht gesucht, weil es nur dumme Witze und Herumgealbere war, und das war nichts für mich, also blieb ich einfach allein. Ist mir nicht wirklich in den Sinn gekommen-- Ich kann mich nicht erinnern, dass es wirklich viel ausgemacht hat, wissen Sie. Ich schätze, ich war so beschäftigt mit dem, was ich tat, dass es mir nicht einmal in den Sinn kam. Und nachdem ich unabhängig war und alle meine Geschwister von der DDR in die Bundesrepublik Deutschland gebracht habe, was auch eine große Aufgabe und eine Verantwortung war, glaube ich, dass ich mich ein bisschen daran gewöhnt hatte, diese Dinge zu tun, man gewöhnt sich daran Schritt für Schritt.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.2.a

[00:34:48]

Alexander: Wann würden Sie sagen, war das erste Mal, als Sie einen Freund kennen lernten?

Barbara: In Squamish, als ich Kellnerin war und Kaffee herumschleppte [lacht] und der örtliche RCMP-Polizist mit seinem Kollegen kam, zwei RCMP-Offiziere kamen regelmäßig um Kaffee zu trinken. Und so fragte er mich eines Tages: „Was machst du hier?“ Und ich sagte ihm: „Ich möchte meine Töpferei haben, ich verdiene Geld dafür“, und so weiter, und er sagte: „Nun, du solltest nicht hier sein“, weil es dort einen großen Holzfällerbetrieb gab, verstehst du, Squamish – Holzfäller. Und es gab Leute, die eine bestimmte Sprache sprachen, und er sagte: „Du solltest nicht hier sein, weil die Leute hier in gewisser Weise über dich reden.“ Und ich sagte: "Ich verstehe es nicht, also ist es mir egal." Aber das gefiel ihm nicht, also sagte er: „Ich bringe dich nach Hause zu meiner Frau.“ Das waren also meine ersten Freunde.

Alexander: Worüber haben diese Leute gesprochen?

Barbara: Keine Ahnung. Er war zu sehr Gentleman, um mir das zu sagen. Er sagte, sie machten Bemerkungen über mich.

A: War es, weil du Deutsche bist oder weil du eine alleinstehende Frau warst oder…?

Barbara: Ich habe keine Ahnung, ich habe keine Ahnung. Ein Vorfall, den ich immer so lustig finde, war, als ich diesen Job als Kellnerin ausübte, kamen diese jungen Leute herein, Mädchen und Jungen, und da war dieser große Tisch mit all diesen Leuten, und für mich war das echt schwierig, die Bestellungen entgegenzunehmen, weil ich halt nicht für diesen Job ausgebildet war. Und es war schwer für mich, ich war so nervös [lacht], hatte Angst etwas falsch zu machen. Es waren also ungefähr zehn Leute da und ich gehe von Person zu Person: „Was willst du?“ „Cola“, dies und das. Dann sagte ein Typ: „Ich will ein Date.“ Und ich sagte: „Ein Date.“ Und ich dachte: „Was ist ein Date?“ Also ging ich – da war ein anderes Mädchen – und ich ging dort zur Theke und sagte: „Was ist ein Date?“ Und sie sah mich an, als würde sie nicht glauben, dass ich-- So lernte ich das Wort „Date“ [lacht]. Also musste ich solche Dinge erlernen. 

Alexander: Was haben Sie ihm gesagt, als Sie an den Tisch zurückgingen?

Barbara: Es war mir einfach so peinlich und ich ging zurück und sagte: "Nun, du kannst kein Date haben." Und sie waren sehr gutmütig darüber. Er war nicht… Also, ich weiß nicht, warum er, dieser Freund von mir, so empfand. Weil ich einige der Holzfäller kennengelernt habe, da war ein Mann, von der Holzfällerfirma Anderson, er war der Präsident der Firma, er kam zum Frühstück und dann fragte er mich eines Tages nach meiner Geschichte und er gab mir ein Trinkgeld von zehn Dollar. Er sagte: „Dies darf nur für Ihre Töpferwaren verwendet werden.“ Es war also eine gemischte Tüte. Was die Leute über mich sagten, weiß ich nicht. Weil er es mir nie gesagt hat.

Alexander: Können Sie die Freundschaft beschreiben, die Sie mit dem RCMP-Offizier und seiner Frau hatten?

Barbara: Die Freundschaft? Ich war total in ihn verknallt, aber das war absolut geheim [lacht].

Alexander: Wusste er davon?

Barbara: Ich weiß nicht, es war eine niveauvolle Beziehung. Er war zwanzig Jahre älter, er war vorzüglich verheiratet und seine Frau war meine allerbeste Freundin, und es war einfach sowas. Ich hatte eine sehr starke Verbindung zu diesem Mann und er mit mir. Aber auf eine schöne Weise, es war nie-- Aber es hat bei seiner Frau ein wenig Bestürzung ausgelöst, nehme ich an. Vielleicht hat sie etwas gespürt. Aber er-- Sie nahmen mich beide mit in ihr Haus, bis ich auszog, um meine eigene Wohnung zu mieten, weil die Dinge sehr unangenehm wurden, wegen der Art und Weise, wie ich diese Gefühle entwickelte. Das war also, nein, wir blieben bis zum Schluss befreundet, bis sie wegzogen. Und ich fand neulich, ich fand mein Tagebuch, schrieb darüber, und ich hatte vergessen, wie stark ich mich gefühlt hatte. Aber es war eine sehr schöne Freundschaft. Sie fühlten sich mir gegenüber beide sehr beschützerisch und seine Frau verpflichtete sich, mir durch einen Fernkurs von Victoria Englisch beizubringen, und sie brachte mir den richtigen Gebrauch von Englisch bei. Ich habe ihr viel zu verdanken. Und trotz allem, was wir waren – nein, es war eine Freundschaft von zwei älteren Menschen, die einer jüngeren Frau halfen.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.2.b

[01:05:29]

Alexander: Was war mit der Einstellung gegenüber Frauen?

Barbara: Es gab kein Problem. Ich fühlte mich immer respektiert und willkommen, wohin ich auch ging. Seltsam, denn ich habe mich nie anders gefühlt, ich war mir nie bewusst, eine Frau zu sein. Dass es einen Unterschied gab. Das liegt vielleicht daran, dass ich nie in der Belegschaft war, wo das wichtig war. Wenn ich in der Belegschaft gewesen wäre, wo es darauf ankommt, eine Frau zu sein, wenn sich eine Frau im Vergleich zu den Löhnen eines Mannes usw. unterbezahlt fühlt, hätte ich es vielleicht bemerkt. Aber ich habe es nie in meinem Leben bemerkt. Nein. Und in meiner Ehe auch nicht. Es herrscht absolute Gleichberechtigung. Ich habe es also nie für nötig gehalten, Feministin zu sein. Nie fühlte ich das nötig. Und ich habe das Gefühl, dass ich denke – nun, es hat definitiv mit meinen Umständen zu tun, nehme ich an. Vielleicht auch meine Einstellung. Aber ich könnte es Ihnen nicht sagen. Ich war mir nie bewusst, eine unterprivilegierte oder misshandelte oder nicht gut behandelte oder ausgebeutete Frau zu sein. Niemals. Ist das nicht lustig? [lacht]

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.2.2.c

Teil 3: Die Geschlechterdynamik in Ehe und Familie
3.1 Die Familiendynamik: Eltern, Geschwister und Großfamilie
Teil 3: Geschlechterdynamik in Ehe und Familie
3.1 Die Familiendynamik

[00:02:20]

Barbara: [Meine Familie hat mich als Pionier ausgewählt, um nach Kanada zu ziehen, weil] ich die einzige Alleinstehende war, die alt genug war, um zu gehen. Mein älterer – mein Schwager, der mir mit den Informationen half, der mich wirklich ermutigt, hierher zu kommen, er hatte zwei Kinder; und meine älteste Schwester hatte auch zwei Kinder; und sie haben sich beworben und sie wurden abgelehnt. Und gleichzeitig waren die Umstände zu Hause in Deutschland in unserer Familie so, dass sie sich sehr hin- und hergerissen fühlten zwischen dem Kommen und endgültig Gehen. Aber hauptsächlich – das habe ich viele Jahre später gelernt, das wusste ich damals nicht. Sie hatten sich beworben und wurden von der Regierung abgelehnt, weil sie an Singles interessiert waren. Und ich passte, mein Alter war richtig und mein Status war passend.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.3.1.a

[00:06:40]

Alexander: Wie war Ihre Beziehung zu Ihren Brüdern und Schwestern? [...] Haben Sie sie vermisst?

Barbara: Nein. Ja und nein. Ich war so beschäftigt zu leben – bin ich immer noch – so beschäftigt zu leben, dass ich nicht – an sich habe ich nicht um sie geweint, ich hatte Heimweh, natürlich für eine Weile, aber mir ging es eigentlich ganz gut. Nein, ich habe sie nicht so sehr vermisst, weil ich so sehr damit beschäftigt war, mir hier ein Leben aufzubauen. Und wir sind alle in unserer Familie – in der Familie B. sind alle schlecht im Briefe schreiben, aber wenn wir zusammenkommen, spielt das keine Rolle, ob wir zehn Jahre nicht geschrieben haben. Die Verbindung ist sehr eng und schön. Das macht nichts, wir verzeihen einander [lacht]. Ja.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre.  Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

B.3.1.b

3.2 Die Ehedynamik und Familienstruktur: Ehemann, Kinder, Schwiegereltern
3.2 Die Ehedynamik und Familienstruktur

[00:51:08]

Alexander: Wann haben Sie Jack zum ersten Mal getroffen?

Barbara: 1954 brauchte er ein Date für Silvester [lacht]. Meine Freundin Trude sagte: „Oh, ich habe diesen Freund. Vielleicht könnt ihr zusammen gehen.“ Wir hatten kein abgemachtes Date. Er kam, um nach einem Date zu fragen, aber er hatte nie die Gelegenheit, mich wirklich zu fragen. Also, dann haben wir uns getroffen. Er bildete sich damals weiter und ging zum Vancouver College, um bestimmte Holzarbeiten zu lernen, und er musste üben, und ich hatte mein erstes kleines Auto gekauft. Mein Auto – das hat mich auch verschuldet. Ein kleines Morris Miner Convertible. Es gab mir einfach ein solches Gefühl der Unabhängigkeit. Und ich hatte eine kleine Garage gebraucht, mein Auto brauchte ein Dach. Also, wo ich lebte-- Wo ich lebte, war es auch sehr, sehr einzigartig. In der Zwischenzeit hatte ich mich von meinen weiblichen Begleitern entfernt und war in den hinteren Schuppen der Töpferei gezogen, meiner Wochenend-Töpferei, der Töpferei von David Lambert. Er hatte hinten ein Lagerhaus, und es war noch total unfertig, und er lebte mit so großen Löchern in der Wand, es war kalt, keine Wärme. Aber er sagte: „Du kannst hier leben, wenn du willst.“ Und ich habe ihn darauf angesprochen und ich habe sehr wenig Geld für die Miete bezahlt, und das ist der Ort, an dem ich … wo Jack mich getroffen hat, an diesem Ort.          

Und ich war gerade unabhängig geworden, zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich eine eigene Wohnung. Also, ich brauchte eine Garage für mein Auto und David Lambert sagte: „Ja, da ist dieser große Haufen Müll der letzten zehn Jahren, wenn du es nutzen willst“ – ich bat um Erlaubnis, „Könnten wir den Platz für mein Auto nutzen“, und er sagte: „Ja, wenn du den ganzen Müll wegräumst.“ Also, Jack kam ungefähr ein halbes Jahr später, nein, ein paar Monate später oder so kam er. Und er sagte: „Ja, okay, willst du eine Garage bauen?“ Und ich hatte meine Pläne für die Garage fertig und ich präsentierte meine Pläne und er sagte: "Die sind nicht gut, so sollte es gemacht werden." Und ich mochte ihn einfach sofort nicht, weil ich dachte: "Was für ein-- wie kann er so sein?" So sicher, und ich sagte: „Schließlich ist es meine Garage und ich wollte dafür bezahlen und so, dann sollte er es auf meine Weise machen.“ Und so jedenfalls begann unsere Freundschaft.

Alexander: Auf welche Weise wurde es schließlich gemacht?

Barbara: Seine Weise. [lacht] Zuerst musste er diesen Müll wegräumen und das war ein riesiger Haufen, und er war gerade zum Arzt gegangen, hatte etwas Schreckliches herausschneiden lassen und sein Arm war bandagiert und er war, wir haben beide einen Haufen Müll geschaufelt und entsorgt. Und dann sind wir zusammen Holz einkaufen gegangen und da fing unsere Beziehung erst richtig an und ich habe ihn trotz allem liebgewonnen. Und dann waren wir verheiratet; etwa ein halbes Jahr später haben wir geheiratet.

Alexander: Das scheint gegen Ihre Pläne gelaufen zu sein, unabhängig zu bleiben und Ihre eigene Töpferei zu haben?

Barbara: Stimmt, ja. Und ich habe meine Meinung ungefähr fünf Mal geändert. Ich wollte in gewisser Weise nicht verheiratet sein. Andererseits fühlte ich eine sehr enge Beziehung zu Jack. Daher war es eine schwierige Entscheidung für mich, da ich gerade erst selbstständig geworden war. Und wir begannen unseren Heiratsplan damit, dass ich „Okay“ sagte. Damals hatten wir Fünfzig-Cent-Stücke, ich sagte: „Jedes Fünfzig-Cent-Stück, das ich bekomme, kommt in einen Topf, den ich für eine Scheidung aufbewahre. Ich möchte einen B-Plan haben.“ Das war die Idee. Und ich konnte mit Jack darüber sprechen. Es machte ihn in keiner Weise unsicher. In gewisser Weise war es also ein sehr schöner Gedanke. Weil ich immer einen B-Plan haben musste – ich war damals achtundzwanzig und ich hatte keine – ich fand es gut, unabhängig zu sein. Gleichzeitig war es auch gut, in Gesellschaft dieser besonderen Person zu sein. Es war also schwierig.

Alexander: Fühlten Sie sich dazu bereit?

Barbara: Ja, ja, ja. Es war nur ein weiteres Abenteuer. Ich hatte ein sehr abenteuerliches Leben, also war es nur – was gibt es Neues? sozusagen. Außerdem hatte ich nicht das Gefühl, mich für immer an jemanden gebunden zu haben. Nein. Ich habe nicht daran gedacht, ich dachte, es war: „Wenn ich bei diesem Mann bleiben möchte, ist es ein notwendiges Übel, verheiratet zu sein.“ Sowas. Es war nicht einmal ein notwendiges Übel, es war eine nette Gesellschaft. Und Jack war damals sechsunddreißig und ich war achtundzwanzig. Also, zu der Zeit ist es nicht -- Meine leidenschaftliche Liebe, sie war in Deutschland passiert [lacht], das war also-- Aber wissen Sie, dieses Mal hat die Beziehung lange gehalten. Wir sind jetzt achtunddreißig Jahre verheiratet und es geht uns gut.

Alexander: Haben Sie das Glas mit den 50-Cent-Stücken noch?

Barbara: Nein. Nummer eins: Die Fünfzig-Cent-Stücke sind aus der Mode gekommen. Nummer zwei: Es ist verschwunden. Die Notwendigkeit dafür ist verschwunden. Ja genau, es war nicht mehr nötig. Es ist irgendwie unnötig geworden. Es hat fünf Jahre gedauert, bis mir klar wurde, dass ich bleiben werde. Aber nach den fünf Jahren hatte ich das Gefühl: „Das ist auch meine Entscheidung. Das ist es. Es ist okay.“

Alexander: War es von Anfang an einfach verheiratet zu sein?

Barbara: Nein, nein. Ja und nein. Es passiert, wenn die Zeit kommt. Es ist nie einfach, weil – nun, ich denke, die Mehrheit – es war einfach, weil zwei Menschen ihre Bemühungen, ihre Energie und ihr Geld zusammenbringen, und auf diese Weise hat man eine Einheit, man bildet eine Einheit und Partnerschaft. Und beide arbeiten auf einer gleichberechtigten Basis der Zusammenarbeit. Und wenn man sich auf den anderen verlassen kann und dem anderen vertraut, gibt es einfach keine Probleme. Es war also nicht schwer.

Die Schwierigkeit besteht darin, dass man sich mit den Macken des Partners abfinden muss. Jack muss sich manchmal damit abfinden, wie ich mich verhalte und ich mich mit den Dingen, die er manchmal sagt, Sie wissen schon, es gefällt uns nicht immer was der andere sagt. Aber das ist dasselbe für jeden. Aber die zugrunde liegende Verbindung zwischen zwei Menschen muss– sie muss ziemlich stark sein, und sie scheint von Anfang an stark gewesen zu sein zwischen uns, also kein Problem.

Alexander: Gab es in den ersten Jahren Probleme?

Barbara: Nein, nein. Das einzige Problem war, dass ich mich an den Gedanken gewöhnen musste, dass mein Mann nicht die Dinge sagte, die ich von ihm erwartete und so. Aber ich meine, das ist--

Alexander: Wie zum Beispiel?

Barbara: Sie wissen schon, er konnte seine Zunge manchmal nicht halten, und ich dachte– in unserem sozialen Leben, glaube ich, ist er manchmal ins Fettnäpfchen getreten und ich dachte: „Ich wünschte, er würde das nicht sagen“ oder so. Und er würde nicht--

Alexander: Wie war das?

Barbara: Nun, wenn Sie... Wir haben unsere ersten fünf Jahre an einem sehr abgelegenen Ort auf einer Insel verbracht, und da waren nur die Familien des Forstdienstes und also sein direkter Chef und der zweite Chef und so, wir lebten alle zusammen und so mussten alle zusammenkommen und sehr taktvoll leben, und Jack war manchmal nicht taktvoll, weil er es gewohnt war, seine Meinung sehr laut und deutlich zu sagen. Und so bemerkte ich einen Unterschied zwischen den Holländern und den Deutschen aber... ich mochte seine Ehrlichkeit. Ich sagte immer: „Wenn du jemanden haben willst, der unkompliziert und ehrlich zu dir ist und dir nicht schmeichelt, dann ist es Jack.“ Ich bin der Schmeichler. Und gleichzeitig war es für ihn nicht sehr angenehm, so direkt zu sein, weil es mir peinlich war. [zu ihrem Mann:] Erinnerst du dich, als ich immer schmollte [lacht] [Jack: Worüber?] Oh, über die Dinge, die du sagtest und ich fand es ach so taktlos und so. Naja. Aber es ist so – man muss sich an die Persönlichkeit des anderen gewöhnen. Wie auch immer.

Barbara B., Oral History Interview von Alexander Freund, Richmond, B.C., 22.Sept.1993, University of Winnipeg Oral History Centre. Übersetzt aus dem Englischen von Amine Gundogdu.

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